Donnerstag, 11. Mai
Heute wollen wir es ruhig angehen, nur ein kleiner Spaziergang zu einem einst wichtigen, aber heute verfallenen Kloster oberhalb Sarandë. Etwa dreiviertel Stunden zu gehen.
Es ist spannend zu sehen, wie sich die Stadt zu den Rändern hin verändert; wie die Strassen schmaler, die Häuser älter und kleiner werden. Längst sind auf Google Maps nicht mehr alle Gassen und Treppen eingezeichnet – in Sarandë gibts unzählige Treppen!

Nicht immer ist klar, ob wir uns auf öffentlichem Grund befinden, oder ob wir in einem privaten Vorgarten stehen. Die Grenzen scheinen hier fliessend zu sein. Und wahrscheinlich kümmerts eh niemanden.
Dafür kommt es vor, dass eine gross eingezeichnete Strasse an einem verschlossenen Tor endet. weil dahinter inzwischen ein Hotel mit Park erstellt wurde.
Ganz oben, am Rand von Sarandë, hoch über der Stadt mit phantastischem Blick aufs Meer, stehen wieder vermehrt Hotels und Villen, auch solche, die noch im Bau sind.

Bei einigen ist man aber nicht sicher, ob sie jemals fertiggestellt werden.
Aber das gibts überall in Albanien. Die Betongerippe, die offensichtlich schon seit Jahren dastehen, sind mancherorts so häufig wie die Bunker aus Enver Hoxhas Zeiten.

Und ganz oben, auf einem Hügel, steht die Ruine des Klosters der 40 Märtyrer, erbaut vor rund 1500 Jahren. Wir sind etwas erstaunt, dass davor ein Mann steht, der Eintrittsgeld verlangt. Wir waren schon bei einigen spektakuläreren historischen Bauten, die frei zugänglich waren. Und der arme Mann steht sich momentan für vielleicht zehn BesucherInnen pro Tag die Beine in den Bauch.
Auf den ersten Blick scheint das Kloster wenig spektakulär – halt viele alte Mauern, wie an anderen Orten auch.

Aber dann entdecken wir einen Gang unter dem Gebäude, vielleicht einen Meter breit und zwei Meter hoch. Drinnen ist es stockdunkel. Die Taschenlampenfunktion meines Handys nützt nicht viel. Zum Glück hat Reto eine kleine Lampe mit einem richtig starken Licht dabei, damit können wir uns orientieren.

Alle paar Meter hats eine Abzweigung, die in eine kleine Kapelle führt. So kommt man an insgesamt zehn Kapellen vorbei, bevor der Gang in einem Bogen zurück zum Ausgangspunkt führt.
Spannend!

Zudem finden wir noch weitere gut erhaltene Räume, darunter eventuell eine Backstube und diverse Bogengänge.


Alles in allem ein spannender Ort zum Erkunden.
Bis jetzt hat sich das Wetter gut gehalten. Aber gerade als wir wieder aufbrechen wollen, beginnt es zu regnen. Wir flüchten uns unter ein Dach, gerade rechtzeitig, bevor ein richtiger Wolkenbruch losgeht.
Fast eine Stunde lang schifft es, was das Zeug hält. Dann hört es so plötzlich wieder auf, wie es begonnen hat. Aber leider bleibts nicht lang genug trocken – auf halbem Weg zu unserer Wohnung fängt es wieder an; es fühlt sich ähnlich an, wie wenn wir unter einer Dusche laufen würden. Und so sehen wir schliesslich auch aus. Pflotschnass, triefend, tropfend.
Was solls. Wir haben eine heizbare Wohnung, eine warme Dusche und kuschlige, trockene Decken. Was wollen wir mehr?