Sonntag, 14. Mai
Die fünf Tage in Sarandë sind vorbei. Es war gut, eine Wohnung als „Insel“ zu haben und von hier aus Ausflüge zu machen.
Aber nun freuen wir uns darauf, einen neuen Ort zu entdecken. Wir möchten nach Berat, sind aber nicht sicher, ob ausser frühmorgens ein weiterer Bus dahin fährt. Berat ist weit weg, die Fahrt dauert scheints viereinhalb bis sechs Stunden.
Um 10 Uhr geben wir unsere Wohnung ab und pilgern zur Bus- und Taxistation. Fragen den ersten Buschauffeur und finden den Ort, wo der Bus nach Berat abfahren soll.
Um halb drei fahre er, sagt der Besitzer der Bar am Strassenrand. Allerdings komme er schon um zwanzig nach zwölf an, und sobald er voll sei, werde er fahren.
Cool, mal eine präzise Zeitangabe…
Also spazieren wir noch ein bisschen herum. Trinken hier einen Kaffee, kaufen dort eine Süssigkeit… und sind pünktlixh um 20 nach 12 wieder beim Busterminal.
Der Furgon steht schon da, der Chauffeur hilft uns bein Einladen der Rucksäcke. So haben wir schon mal einen Platz auf sicher.
Er fahre nicht vor halb drei los, versichert uns der Fahrer. Wir sollen doch noch einen Kaffee trinken.
Ok. Machen wir. Und noch einen. Die Zeit wird lang… aber wir nehmen uns ein Beispiel an unserem Chauffeur, der seelenruhig auf einem Stuhl vor der Bar sitzt und ……. nichts tut.
Einfach sitzen.
Es funktioniert. Irgendwann ist es halb drei. Nun kann es losgehen.
Wir fahren Richtung Gjirokaster, biegen dann ab nach Tëpelene, fahren an Memaliaj vorbei – die Strecke kennen wir schon.
Es zieht sich…
Nach anderthalb Stunden hält der Bus irgendwo im Nirgendwo, bei einer Bar mit angrenzendem Toilettenhaus.

Der Chauffeur braucht ein Zvieri, wir anderen eine Pinkelpause.
Dann gehts deutlich entspannter weiter, die Pause hat allen gut getan.
Aber es ist noch weit, die Strasse wird immer schlechter, wir fahren immer langsamer.
Aber irgendwann kommt das lang ersehnte Strassenschild: Berat. Nur noch rasch tanken, bevors in die Stadt hinein geht.
Der Fahrer und sein Begleiter steigen an der Tankstelle aus, beide zünden sich sofort eine Zigarette an. Wenn das nur gut geht…

Den Tankwart scheints nicht zu stören, und ja, es passiert auch nichts. Wir sind erleichtert, als der Tank voll ist und wir die Tankstelle heil verlassen.
Und dann setzt uns der Fahrer auch schon ab. Endstation. Er deutet noch in die Richtung, in der wir gehen sollen Und weg ist er.
Wir schauen uns erstaunt um. Wir haben gelesen, die Stadt Berat sei auf der Unesco-Weltkulturerbe-Liste. Die Stadt der 1000 Fenster.
Und nun stehen wir zwischen heruntergekommenen Wohnblocks und Geschäften, die wohl seit Jahren leerstehen. Und Ruinen, ohne Dach und ohne Fenster. Ein Armenviertel.

So haben wir uns das Welt-Kulturerbe nicht vorgestellt.
Zögerlich gehen wir die Strasse entlang. Nach ein paar hundert Metern ändert sich das Stadtbild, die Häuser werden gepflegter, wir kommen sogar an einer Art Park vorbei.
Und schliesslich kommen wir im wohlbekannten Berat an, der Stadt mit weissen, hergerichteten Fassaden. Und vielen, vielen Fenstern.

Die zwei Gesichter von Berat geben uns zu denken. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir das erleben: Das Zentrum einer Stadt ist herausgeputzt, zeigt den Touristen seine Schokoladenseite. Und ein paar Meter weiter blättert der Verputz, liegt der Dreck.
Hier in Berat ist der Gegensatz aber noch viel krasser. Es ist, als ob man innert Minuten auf einen anderen Planeten wechseln würde.
Im Unseco-Berat flanieren die Leute auf einem breiten Boulevard in einer Fussgängerzone, Restaurants und Cafés laden zum Verweilen ein. Ein grosszügiger Park spendet Schatten. Alles ist blitzblank geputzt.


Und die Armut und der Dreck im anderen Berat ist schnell verdrängt.